Hilfe, wie umgehen mit schwierigen Patienten?

angelika stein-thelen kommunikation Umgang mit schwierigen Patienten

Die reale Not der vielen guten helfenden Hände im Gesundheitssystem

Letztens sprach ich mit einer menschlich-orientierte Krankenschwester. Es blieb mir im Gedächtnis, welches Statement sie zur vorherrschend mangelhaften Patientenzuwendung machte: “Ganz natürlich sind viele an den Grenzen des menschlich Machbaren im Alltag angekommen. Viele Kollegen sind ganz einfach froh, wenn der Arbeitstag rum ist. Viele werden in diesem Job nicht alt und wenn, dann haben sie körperlich echt zu kämpfen. Wir als Fachpersonal tragen aber selbst auch dazu bei, dass sich die Arbeitsbedingungen so verschlechtert haben. Man mag es kaum glauben, aber der Schmerz über die Umstände ist immer noch nicht groß genug: Streiken bedeutet sich selbst zu engagieren und das tun die wenigsten; nicht aus Angst, sondern aus Müdigkeit,” ergänzt sie nachdenklich.

Ein Plädoyer für die Guten im Gesundheitssystem

Nach eineinhalb Jahren als betroffene Angehörige eines kranken Familienmitgliedes, der von 12 Monaten letztendlich 10 Monate stationär behandelt wurde, kann auch ich von persönlichen Erfahrungen sprechen, wie sich die ständigen Kürzungen im Gesundheitswesen auf Leib und Seele auswirken. Was mein Mann erlebt hat, dass steht nochmals auf einem ganz anderen Blatt: Folgen einer unsachgemäßen Behandlung bis hin zur falschen Medikamentenvergabe. Hier sein Blogbeitrag.

Nach 18 Monaten hat uns der Alltag fast wieder eingeholt, aber ich möchte nicht vergessen, was Menschen im Gesundheitswesen immer wieder aufs Neue jeden Tag leisten. Der Patient – ist besten Falls – aus dem Krankenhaus entlassen, sie aber stehen nach wie vor in den gegebenen oftmals schwierigen Umständen.

Die meisten dieser guten Lastenträger im Gesundheitswesen erhalten keine angemessene finanzielle Entschädigung für ihre täglichen Leistungen.

Meine Würdigung gilt ihren außerordentlichen Leistungen, wenn sie es denn schaffen, Patienten wie Menschen zu behandeln. Dies hat meinen höchsten Respekt.

Das How-to der gute Kommunikation im Umgang mit Patienten

Das Leben bietet uns immer wieder große Lernfelder an. Fast ironisch: Unser erstes gemeinsames Training fand in einer großen Praxis in einem Krankenhaus statt. Das Thema:  „Umgang mit schwierigen Patienten“. Manchmal spricht das Leben für sich …

Dieses erste Training zum Wiedereinstieg, nach der langen Krankheitsphase, war eine wirklich erfrischende Erfahrung für uns Trainer. Meine ganz persönlichen Erlebnisse mit dem Patienten, als Angehörige und mit den verschiedenen Mitarbeitern im Gesundheitswesen kommen nun den Teilnehmern zu gute. Wir sind zu Sparringspartnern geworden, die auf Basis der vielen Gespräche und Auseinandersetzungen mit Blick aus der jeweiligen Perspektive agieren. Wir erkennen aus eigener Erfahrung deutlich den individuellen Schmerz und können die Herausforderungen im Alltag nachvollziehen.

Das Training erfüllt drei Kernbedürfnisse:

  • Mitarbeiter wünschen sich eine ganz praktische Anleitung im Umgang mit schwierigen Patienten
    Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind in den letzten Jahren gewachsen. Fortbildungen für variantenreichere Kommunikationsverhalten und die Auswahl an Handlungsoptionen und -strategien, die sich konkret auf die gegebenen Umstände des einzelnen Mitarbeiters beziehen, werden mehr denn je von den Mitarbeitern selbst in den Personalabteilungen angefragt.
  • Ökonomisch: Das schärfste Unterscheidungskriterium am Gesundheitsmarkt ist die Patienten-Zufriedenheit
    Ja, im Gesundheitswesen sind die Ressourcen sehr knapp. Trotzdem oder gerade ist die persönliche Weiterempfehlung von Patient zu Patient sehr profitabel. Oftmals ist für den einzelnen Patienten das Unterscheidungskriterium “Welche Aussagen treffen andere Patienten über die Qualität der Betreuung” zielführend.
    Auf den Internetdarstellungen von Krankenhäusern oder Arztpraxen wird oft das wichtigste Unternehmensziel angepriesen: Der Patient steht im Mittelpunkt.
    Seine Zufriedenheit mit der Betreuung erscheint als oberstes Ziel. Doch auf Nachhaltigkeit geprüft: Wie viele Patienten würden eine positive Empfehlung nach ihrem persönlichen Aufenthalt in der Einrichtung abgeben?
    Medizinische Leistungen sind generell leichter vergleichbar, aber dem Patienten nicht alleine wichtig.
  • Defizite ausgleichen: Grundlagen gut funktionierender Kommunikation gerade für Berufs- oder Quereinsteiger im Gesundheitswesen
    Gerade die Berufs- oder Quereinsteiger brauchen hier Unterstützung. Diese Grundlagen guter Kommunikation werden nicht an der (Fach-)Schule oder im Studium vermittelt, sind aber heutzutage eine wichtiges Handwerkszeug für einen gelingenden Praxisablauf und damit eines guten Arbeitsklimas.

Unsere persönliche Motivation ist es ein umfassenderes Verständnis zu schaffen: Von der nur allzu leicht aus Überforderung entstehenden Konfrontation zur gekonnten Kooperation

Krankenhausaufenthalte können für Patienten und Angehörige zu einer durch und durch existentiellen Erfahrung werden 

Auf unserem Weg durch Arztpraxen und Krankenhäuser sind uns die unterschiedlichsten Menschen begegnet. Oftmals haben sich Menschen in diesem speziellen Umfeld völlig unzugänglich verhalten. Der zu Grunde liegende Verständnisrahmen stimmte ganz und gar nicht überein. Damit ich auf jeden Fall richtig verstanden werde: Es gab auch sehr tolle und zugewandte Ärzte, Schwester, Pfleger und Mitarbeiter im Sozialdienst; sie waren aber leider viel zu selten.

Betrachte ich heute rückblickend die Situation als Kommunikationsexpertin wird mir folgendes Bild sehr plastisch: Gefühlt waren alle Beteiligten oft hoffnungslos überfordert. Überforderte Patienten, überforderte Angehörige und überforderte Mitarbeiter im Gesundheitswesen ergibt eine tragische bis hin dramatische Ist-Situation. Und es entsteht eine bleierne Atmosphäre zwischen dem Patienten, die das Gesunden nicht gerade unterstützt, sondern im Gegenteil – noch mehr Krankheiten ermöglicht.

Dass ich Tag und Nacht für meinen Mann zur Stelle sein konnte, hat auch mich finanziell meine persönlichen Reserven gekostet. Privat oder gesetzlich versichert ist dabei völlig egal. Als Ehepaar haben wir die Zukunftsplanung mit einer chronischen Krankheit zu leben ohne die Hilfe eines funktionierenden Sozialstaates zu bewältigen. Hilfe gibt es erst dann, wenn wirklich alle Ressourcen aufgebraucht sind. Die Tatsache, dass die chronische Krankheit vor 30 Jahren ausbrach, hat das Fundament gegeben, dass keine Zusatz- oder Pflegeversicherung greift. Das Motto: “Der Mensch ist ja schon krank. Das versichern wir – natürlich – nicht. ”

Dass ich als Lebenspartner freiberuflich unterwegs bin, hat dem System so manche Pflege- und Betreuungskosten erspart. Dass wir weltweit gesehen ein sehr gutes Gesundheitssystem haben, möchte ich hier erst gar nicht näher betrachten. Nur soviel: Nach diesem Jahr der vielschichtigen Erfahrungen sei die Frage erlaubt: Wie schlimm muss es noch werden, bevor wir es auch so nennen können.

Ja, es stimmt: Das Gesundheitssystem ist dabei seinen Rest an Menschlichkeit zu verlieren und an manchen Tagen gab es so gar keine Portion an Zuwendung. Eher war es umgekehrt: Wir waren oftmals in der Situation, die Mitarbeiter im Krankenhaus bei Laune zu halten.

Zurüstung und Ermutigung für Mitarbeiter im Gesundheitswesen 

Als einzelne kann ich zwar keine großen Umwälzungen im Gesundheitssystem leisten, aber ich kann im Bereich der menschlichen Kommunikation initiieren, dass die Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten, Zurüstung und Ermutigung durch unsere Trainings erfahren:

  • Vorzeigen, dass selbst unter Zeitdruck ein schwieriger Patient in seinen Beweggründen verstanden und auf der menschlichen Ebene abgeholt werden kann
  • Dabei die eigene Unzulänglichkeit, Angst oder Überforderung erkennen und sich bewusst für mögliche bessere Handlungs- und Lösungsansätze entscheiden
  • Das Erlernte ganz pragmatisch und praktisch in Übungen umsetzen
  • Die persönliche Überprüfung der eigenen Handlungsveränderung anhand einer Videoaufzeichnung aus der vorangegangenen Übung nachvollziehen
  • Vielfältiges Feedback von den anderen Teilnehmern aus der Gruppe und natürlich von uns als Kommunikations-Trainern

Das ist definitiv eine geballte und intensive Zurüstung. Die Referenz aus dem letzten Training im Kompetenzzentrum für Radiologie und Nuklearmedizin Boos-Moog zeigt, dass nicht nur wir als Trainer ermutigt waren, sondern auch die Teilnehmer, die gleich die neu gewonnenen Erkenntnisse im Alltag einsetzten. Die erfrischenden Teilnehmerstimmen nach dem letzten Training, zeigen mir, dass es die richtige Richtung ist.

Was für ein erfüllendes Arbeiten.

stein-thelen kommunikation - umgang mit schwierigen patienten

Was tun, wenn eine Gruppe droht auseinander zu brechen?

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DIE AKTUELLE SITUATION: EXISTENZIELLE ESKALATION
Eine Unternehmung geht nicht weiter. Alle Beteiligten sind erschöpft, vielleicht wütend, vielleicht desillusioniert oder ganz schlicht entmutigt. KURZ: Der aktuelle Konflikt ist aus dem Ruder gelaufen.

Eine existentielle Eskalationsstufe (Entwicklung Richtung Stufe 7 nach Glasl) auf der alle Beteiligten verlieren, ist erreicht.

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Eine Vorgehensweise von führenden Gruppen innerhalb einer Unternehmung, sich lautstark zu positionieren oder andere, die sich statt Verantwortung zu nehmen in Schweigen hüllen, geht nicht, wenn es um die Gestaltung von Lösungen geht. Einzelne schauen zu, andere führen die Diskussion, so bilden sich Flügel, die letztendlich Mehrheiten (Gefolgschaften) bilden.

Die Auswirkungen:

  • Desorientierung durch ungelöste Konflikte
  • Misstrauen und damit Handlungsunfähigkeit wesentliche Aufgaben weiter voranzutreiben
  • Innere Kündigungen, die zu ausgeführten Kündigungen führen
  • Bis hin zu Imageverlust in der öffentlichen Wahrnehmung

Der Anspruch an gelungener Arbeit

Die Struktur muss es dem einzelnen Mitarbeiter ermöglichen in den Diskurs/Dialog einzusteigen, OHNE ANGST haben zu müssen für sein Denken und Sprechen verurteilt zu werden. Das Ziel dabei sollte immer der Fokus sein, dass wir alle die Ziele der Unternehmung strategisch und nachhaltig umsetzen können.

Das erfordert aber Freiheit auf einem hohen Niveau

„Es ist nicht so, dass wir neue Organisationen erfinden müssen. Wir müssen eine neue Art des Denkens wählen. Ich glaube es ist reine Zeitverschwendung, bestehende Realitäten anzugreifen. Vielmehr wird es Zeit ein neues Modell zu benutzen, das die Komplexität aufweist, ältere Systeme überflüssig zu machen. In dem Maße, wie wir dies tun können, und wir sollten es möglichst schnell tun, denke ich, können wir das anbieten, was für einen Durchbruch in die Zukunft benötigt wird.“
Dr. Don E. Beck (US-amerikanischer Management-Berater und Koautor (mit Chris Cowan) des Buches Spiral Dynamics basierend auf dem Modell von Graves)

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WO STEHT EINE UNTERNEHMUNG?
EIN ANSATZ DER ANALYSE MIT BLICK AUF DEN JETZIGEN PROZESSES

Eine mögliche Sichtweise auf den Veränderungsprozess in Unternehmen basierend auf dem Modell von Graves

„Die Psychologie eines reifen Menschen ist ein sich entfaltender, aufstrebender, sich hin- und herbewegender, spiralartiger Prozess gekennzeichnet durch eine schrittweise Unterordnung eines älteren, niedrigeren Ordnungsverhaltenssystems zu einem neueren, höher entwickelten Systems, das sich durch menschliche existentielle Probleme verändert.“
Dr. Clare W. Graves

Der Fokus dieses Systems richtet sich mehr auf das „Wie“ jemand handelt und spricht (Form), als auf das „Was“ er gerade tut (Inhalt).

Graves Ergebnis in 22 Jahren Forschung: Die Entstehung eines achtstufigen System.

Es ist eine Einteilung, die in aufeinander aufbauende Wertesystemen funktioniert, das jedes in sich eine eigene Welt darstellt. Jedes System hat seine typischen Konflikte und Lösungsmechanismen, seine Vorlieben, seine Schattenseiten. Zentrale Themen wie Glück, Macht, gesellschaftliche Konzepte, Lernstrategien, Entscheidungsarten, Erfolg, Familie, Religion fallen je nach Zugehörigkeit zu einem System inhaltlich unterschiedlich aus.

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„In jeder Stufe der menschlichen Existenz ist der erwachsene Mensch auf der Suche nach dem heiligen Gral, der Art, wie er zu leben, wünscht.“

Auf der ersten Stufe sucht er nach automatischer körperlicher Befriedigung (1).
Auf der zweiten Stufe sucht er eine sichere Art zu leben (2),
und dies ist gefolgt, als nächstes, von der Suche nach Heldentum, Macht und Ruhm (3),
einer Suche nach höchstem Frieden (4),
einer Suche nach materieller Zufriedenheit (5),
einer Suche nach liebevollen Beziehungen (6),
einer Suche nach Selbstachtung (7)
und einer Suche nach Frieden in einer unverständlichen Welt (8).
Und wenn er merkt, dass er diesen Frieden nicht findet, wird er sich auf die Suche der neunten Stufe machen.”
(C.W. Graves, übers. www.clarewgraves.com)

Jede Stufe der menschlichen Existenz hat ihre eigenen Herausforderungen, es gibt keinen Stillstand. Graves’ Theorie zeichnet ein Bild des Menschen, der in einer gewissen Grundspannung lebt und versucht, diese zu lösen, indem er sich immer wieder auf verschiedenen Ebenen mit seinem Sein auseinandersetzt.

Das Leben steht niemals still. Graves Sichtweise zeigt, dass wir als Menschen immer wieder in der Spannung stehen Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen zu treffen. So reifen wir – bestenfalls – durch unsere selbst durch-lebten Erfahrungen.
Graves hat u. a. darauf hingewiesen, dass die Menschheit sich auf einen gewaltigen Entwicklungssprung, „ a momentous leap“, vorbereitet.

AUF WAS KOMMT ES IM KONFLIKT AN?

Die Chance ist eine konstruktiv geführte Auseinandersetzung

Wie gehen Unternehmen mit aktuellen Konflikten um?
In der Analyse, was an Strukturen in einer Unternehmung etabliert sind,  hat man die Chance hidden structures offen zu legen.

Fakt: Die tatsächliche Kommunikationskultur betrachten

Kommunikation über verschiedene Kanäle läuft ständig und so wieso. Entscheidend ist aber doch die Art und Weise wie unterschiedliche Meinungen sich darstellen dürfen. Je explosiver der Inhalt desto dramatischer die Darstellung der Inhalte.

Warum? Die jetzige Kultur ist, dass das schmerzlich Offensichtliche nicht direkt angesprochen werden darf. Oft gibt es immer noch starke Tendenzen zu der Haltung: „Mund verbieten, wenn mir die Meinung des anderen nicht gefällt.“

Unversöhnlichkeit im Diskurs? Das ist etwas für die ewig Gestrigen. Es gibt nicht nur eine Sichtweise, sondern unterschiedliche! Es gibt nicht die absolute Wahrheit auf einer Seite (Absolutismus nach Graves Stufe 4).

Jetzt gilt es – zu allererst sich selbst – zu zeigen, was man aus den vergangenen Prozessen bei Meinungsverschiedenheiten gelernt hat. Wenn Unversöhnlichkeit propagiert wird werden wir Akzeptanz verlieren, sowohl nach innen als auch nach außen, weil wir nur das Bestätigen, was die Mehrheit der Mitarbeiter denkt.

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ALSO: WAS KANN MAN TUN?

Als erstes gilt es bewusst machen, was eigentlich das gemeinsame Vision der Unternehmung ist.

Welche strukturellen Schritte müssen hierfür dringend verbessert werden?

  • Ein erster Schritt: Innovationspotentiale heben
    Etablierung eines ständigen Lernprozesses, wie Meinungsverschiedenheit als Innovationspotential verstanden werden kann. Davon hat ein Unternehmen eine Menge. Hier steckt unglaublich viel Energie drin, die in der Regel total verpufft.
  • Der zweite Schritt:  Kommunikationskultur identifizieren
    Auf welchem Niveau, in welcher Art und Weise werden verschiedenen Meinungen ausgetragen?

Wenn eine Kommunikationskultur verändert werden soll, muss allen Beteiligten ganz klar sein: Draufhauen und Zurückhauen geht gar nicht. Das ist Kindergartenniveau gelebter Gemeinschaft. Unterschiedlichkeit darf und muss dargestellt werden. Transparenz und Toleranz müssen in Lösungen führen. Es kann nicht sein, dass man auf den Positionen ‚richtig‘ und ‚falsch‘ einfach stehen bleibt. Es muss darüber hinausgehen und in ein vorausschauendes Denken münden. Hierzu braucht es eine Fehlerkultur! Nur durch die Auseinandersetzung und das machen von Fehlern lernen wir.

  • Der dritte Schritt: Die gemeinsame Ausrichtung
    Welchem gemeinsamen Ziel sind wir als Unternehmung verpflichtet?

Voraussetzung: Das gemeinsame Ziel verbindet eine Unternehmung. Darauf sollte eine Gruppe sich einigen können.

  • Der vierte Schritt: Etablierung einer neuen Denkstruktur im Umgang mit unterschiedlichen Standpunkten
    Die Ausrichtung MUSS dabei sein, das gemeinsame, das verbindende von verschiedenen Standpunkten zu finden.

Es geht nicht nur um richtig und falsch. Wir leben in einer Zeit in der wir mehr als je zuvor herausgefordert sind unterschiedliche Meinungen und Ansprüche zu leben. Die Geschichte lehrt uns, dass es nicht eine einzige Wahrheit gibt. Dies bedeutet in der Phase der Meinungsbildung, dass wir uns grundsätzlich nicht auf ein Richtig und ein Falsch zurückziehen können.

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WELCHE MÖGLICHKEIT ERGIBT SICH AUS DIESER AKTUELL KONSTELLATION?

Es benötigt ‚Handwerker‘, die mit bestehenden Konstellationen weiter arbeiten können. Um die bestehenden Eskalationsstufe auflösen zu können, benötigt die Gruppe eine Moderation/Mediation, um wieder effektive und konstruktive Lösungen zu finden und dann auch umzusetzen.

Ein mögliches Werkzeug für den nächsten Prozessschritt:
Dynamic Facilitation* – das wichtigste in Kürze

Anwendungsfelder

  • Wenn lineare, starre Moderationen nicht möglich oder gewollt sind
  • Bei sehr komplexen Problemen

Hilfreich wenn

  • Eine wirklich kreative Lösung gebraucht wird
  • Die Lösung von allen mitgetragen werden soll
  • Wenn das Vertrauen der Teilnehmer untereinander wachsen soll

Geeignet für

  • Strategische Fragen
  • Unlösbare Probleme
  • Konflikthafte oder emotional „aufgeladene“ Fragestellungen
  • Themen, die versteckte Dimensionen haben

Nicht geeignet, wenn

  • Themen unkritisch sind
  • Teilnehmer bei der zu behandelnden Frage entspannt sind und kultiviert diskutieren können

Voraussetzungen für Dynamic Facilitation

  • Teilnehmer müssen ein echtes Interesse haben, ihr Problem zu lösen
  • Teilnehmer müssen die Fragestellung die ganze Zeit gemeinsam bearbeiten können
  • Es muss genügend gemeinsame Zeit zur Verfügung stehen
  • Es darf nicht nur eine begrenzte Zahl an Optionen möglich sein
  • Das Thema sollte eine emotionale Komponente haben

Zeitbedarf

  • Je nach Fragestellung zwischen 2 und 8 Stunden,
  • jeweils zweistündige Arbeitsblöcke werden empfohlen, diese können entweder an einem Tag stattfinden oder auch über mehrere Tage oder Wochen verteilt sein

Kurze Beschreibung der Methode

Diese Methode ist geeignet, wenn Emotionen hoch kochen, gegensätzliche Ansichten überwiegen und eine gemeinsame Problemlösung fast unmöglich scheint.

Üblicherweise hilft in solchen Situationen, die Argumente aller Seiten zu hören, Informationen und Sichtweisen zu sammeln und dafür zu sorgen, dass alle Beteiligten sich gehört fühlen. Anders gesagt: Beide Seiten müssen erst einmal „Dampf ablassen“, bevor eine konstruktive Diskussion wieder möglich wird.

In Situationen wie diesen, wenn viel Energie im System ist, die Probleme komplex sind und Gefühle hohe Wellen schlagen, eignet sich die Methode „Dynamic Facilitation“, um eine emotional stark involvierte Gruppe trotz aufgeheizter Atmosphäre zu einem gemeinsamen Ergebnis zu führen.

Ein Moderator führt den Ablauf. Es handelt sich aber nicht um eine Konfliktmoderation, sondern er hilft der Gruppe dabei, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln

Dynamic Facilitation* – der Ablauf

Es werden Pinnwände mit folgenden Überschriften aufgestellt:

  1. Herausforderungen/Fragen
  2. Lösungen/Ideen
  3. Bedenken/Einwände
  4. Informationen/Sichtweisen

Erste Fragen werden formuliert.

Üblicherweise hagelt es nach kurzer Stille erwartungsgemäß Vorschläge, Einwände, offene Fragen und subjektive Sichtweisen.

Der Moderator (Mediator) sortiert alle Äußerungen passend unter diese vier Überschriften ein.

Dabei ist es unwichtig, ob ein Einwand zu der zuvor geäußerten Lösung „passt“.

Als Dynamic Facilitation Moderator unternimmt man ganz bewusst nichts, um die Gruppe auf einem „linearen Weg“ zu halten.

Dieses Vorgehen entspricht am ehesten den Vorgängen in unserem Gehirn. Unsere Gedanken kommen meist nicht druckreif linear, sondern eher spontan und ungeordnet. Dynamic Facilitation kommt unseren natürlichen Denkstrukturen entgegen und setzt genau hier an. Die Gruppe wird nicht gezwungen, einen vom Moderator geplanten Moderationsplan einzuhalten, sondern kann ihrer Energie zunächst einmal freien Lauf lassen. Das „Einsortieren“ der Diskussionsbeiträge unter die vier Überschriften macht die (Zwischen-) Ergebnisse und Fortschritte gleichzeitig sichtbar und gibt der Gruppe ein Minimum an Struktur zurück. Gleichzeitig ermöglicht Dynamic Facilitation den Teilnehmern „im Fluss“ zu bleiben und zunächst einmal alles, was dringend unter den Nägeln brennt, loszuwerden.

Dynamic Facilitation* arbeitet mit Einwänden

Immer, wenn jemand einen Einwand macht, fragt der Moderator: „Was genau ist Ihre Befürchtung?“. Damit wird der emotionale Anteil der Äußerung aufgenommen und anerkannt, aber von den sachlichen Aussagen getrennt. Wichtig hierbei ist, die Bedenken nicht als Werturteil über den Vorschlag eines anderen Teilnehmer aufzuschreiben, sonst kann es zu sich gegenseitig aufschaukelnden „Ping Pong“-Schlaufen kommen, die man aus üblichen Sitzungen kennt. Auf Argument folgt Gegenargument und schließlich Wertung, dann ein weiteres Gegenargument und so weiter. Diese Schleife verstärkt sich selbst und die Beteiligten Diskussionsparteien können dann meist nicht mehr kreativ arbeiten, sondern nur noch urteilend werten.

Wenn eine solche Schleife droht, geht der Moderator in einem solchen Fall physisch zwischen beide Diskussionsparteien und fragt abwechselnd nach Bedenken und alternativen Lösungen und sortiert diese in die passenden Listen ein. Auf diese Weise wechselt die Aufmerksamkeit vom Dissens zwischen den beiden Parteien auf den Moderator und die Visualisierung. Meist macht sich dann nach kurzer Zeit Entspannung auf beiden Seiten breit, wenn einerseits die Angriffe aufhören und andererseits die Bedenken ernst genommen werden. Dies ist die wichtigste Grundvoraussetzung, um sich anschließend wieder gegenseitig zuhören und produktiv miteinander arbeiten zu können.

Typische Phasen der Dynamic Facilitation*

Nach circa 2 Stunden lässt die Energie in der Projektgruppe „Onlineportal“ nach. Die Beiträge werden ruhiger und weniger. Zunächst einmal scheint alles Wichtige und Drängende gesagt zu sein, allerdings ist noch keine Lösung in Sicht.

Jetzt gilt „Ruhe bewahren“, denn auch diese Phase gehört bei der Dynamic Facilitation dazu. Ein typischer Verlauf ist:

„Dampf ablassen“ – Prozess der Reinigung

Am Anfang sehen die Teilnehmer immer das, was sie schon vorher wussten: ihre eigenen Wahrnehmungen, Lösungsideen und Vorbehalte. Der Moderator fördert diese Phase und fragt aktiv nach vorhandenen Lösungsvorschlägen. Die Teilnehmer sollen sich dadurch „entleeren“ und alle Vorschläge, Argumente, Gegenargumente und Bedenken benennen. Diese äußere Fülle führt zur inneren Leere. Die Teilnehmer werden dadurch in der Regel ruhiger, da sie sich gehört fühlen. Erst jetzt kann Raum für etwas Neues entstehen.

Kurz vor dem Durchbruch

Wenn die Diskussion langsam erstirbt und alles Wichtige gesagt zu sein scheint, tut der Moderator in dieser Situation – nichts!

Einige Teilnehmer können davon irritiert sein, andere studierten weiterhin die Aufzeichnungen auf den vier Listen. In dieser Situation ist es wichtig, der Gruppe ihren Raum für den eigenen Erkenntnisprozess zu lassen. Das Vertrauen liegt darauf, dass der Prozess Lösungen hervorbringt.

In der Regel folgen dann die ersten integrierenden Statements von einzelnen Teilnehmern. „Was wäre, wenn wir die vorgeschlagene Struktur in einem strukturierten Prozess testen und die Erfahrungen anhand der diskutierten Kriterien systematisch auswerteten?“ Weitere Ergänzungen und Erwägungen folgten, und es entwickelte sich langsam eine Zustimmung im Raum. Oftmals muss dann über die Lösung am Ende einer Dynamic Facilitation gar nicht mehr abgestimmt werden, da sie sich aus der Diskussion einleuchtend für alle automatisch ergibt.

Der wesentliche Nutzen von Dynamic Facilitation*

Dynamic Facilitation gehört zu den systemischen Methoden. Sie führt Veränderungen in dynamischen Systemen herbei, in dem sie den Mitgliedern den Raum bietet, ihre Argumente kraftvoll auszutauschen, ohne dabei durch eine vorausgeplante streng methodische Abfolge auszubremsen. Dynamic Facilitation ermöglicht eine Neuordnung von Gedanken und Gefühlen, speziell in komplexen Situationen. Mit ihrer nur geringen äußeren Struktur schafft Dynamic Facilitation letztlich Raum für die Selbstorganisation der Teilnehmer.

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Meilensteine zur Umsetzung dieser Methode 

  • Umfrage, ob dieses Tool von allen Beteiligten akzeptiert wäre
  • Bestimmung Kosten
  • Bestimmung Räumlichkeiten
  • Bestimmung Moderation interne oder externe Ressourcen

* Inhalte zu Dynamic Facilitation mit freundlicher Genehmigung https://organisationsberatung.net und weitere Materialien von initio Organisationsberatung unter www.organisationsberatung.net.

 

Veränderung: Bedrohung oder Chance?

angelika brandner kommunikation bedrohung oder chance

Besonders in Veränderungs-Prozessen hören wir immer wieder von Führungskräften, dass sie nur zu oft mit Widerständen, hartnäckige Kommunikationsstörungen, innere Kündigungen und „unerklärlichen“ Missverständnissen konfrontiert sind.
Aus der Erfahrung wissen wir, dass jetzt die kommunikative Kompetenz der Führungskraft maßgebend ist – für Loyalität, Produktivität und Zielerreichung.

Auch einbindende Veranstaltungen im Vorfeld bleiben oft an der Oberfläche, wollen den Change ‚verkaufen‘ und lösen Widerstände und systemische Probleme nicht wirklich.

Psychosoziale Kompetenz wird zum entscheidenden Veränderungsfaktor

Interessant, welche Ableitungen der deutsche Zukunftsforscher Leo A. Nefiodow in seinem Buch ‚Der sechste Kondratieff – Wege zur Produktivität und Vollbeschäftigung im Zeitalter der Information (Sankt Augustin, 2006) trifft:

angelika brandner sechster Kondradieff

Im Rahmen der umwälzenden Entwicklungen von der Dampfmaschine bis zur Informationsgesellschaft stellt der ‘6. Kondratieff Zyklus’ die menschlich kompetent agierende Führungskraft in den Mittelpunkt. (Im Zusammenhang mit Teamentwicklung wird sie auch die psychosoziale Kompetenz genannt.)
Nefiodow stellt nachweislich die Forderung auf, die ‘Psychosoziale Kompetenz’, sprich: den kommunikativ kompetenten und förderlichen Umgang miteinander als zentralen Produktivitätsfaktor neben Prozessen, Information und Kapital  zu erkennen und gezielt zu entwickeln.

Was definiert psychosoziale Kompetenz? 

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Nun: Was benötigen sie im Team um psychosoziale Kompetenzen zu entwickeln?

angelika brandner veränderungsprozess

Eine Vision – ein inneres Bild, um einen Weg mit klaren Entscheidung in der Vorgehensweise treffen zu können

Mag das Bild aus der Natur – Raupe, Verpuppung, Schmetterling – auch oft zitiert worden sein, so beinhaltet es doch eine so tiefe Symbolik für jeden, der sich im Sich-selbst-neu-erfinden befindet. Anhand dieser Metapher (oder auch Storytelling) gebe ich ihnen – in diesem Fall dem Leser eines Artikel zum Thema Veränderung – ein Bild mit, dass ihm schnell erklärt, welche Vorteile durch einen konstruktiv geführten Veränderungs- bzw. Chance-Prozess gewinnen kann.

Im zweiten gilt es jedem Einzelnen in einem Team – neben einer innerlichen Vision – vor allem aber auch die Ermutigung mit zu geben, die sich aus ganz pragmatisch handfesten Erkenntnissen für das Gelingen eines Change-Prozesses definieren:

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A. Die Motivationsstruktur des Einzelnen im jeweiligen Team 

Veränderungen rufen beim Menschen zu aller erst Unbehagen aus, weil wir nun mal an unseren Gewohnheiten hängen. (Manchmal sogar wider eines besseren Wissens.)  Im zweiten Schritt entscheidet unsere persönliche Motivationsstruktur, ob und wie wir wann Gefallen an einer Veränderung finden oder auch nicht.

  • Wenn dem Team klar ist, was dem Einzelnen wichtig ist
  • Welche Herausforderungen und Chancen genau in dieser Konstellation von Mitarbeitern liegt
  • Und der Gruppe insgesamt klar ist, warum es wichtig ist die Umsetzung einer spezifischen Veränderung durchzuführen

dann ist es um ein vieles leichter Konflikten auf kognitiver Ebene zu begegnen anstatt im emotionalen blind zu fischen.

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B. Die Führungskraft hat im Veränderungsprozess die wichtige Aufgabe sein ganzes Team abzuholen, aufzuklären, zu motivieren, die Richtung vorzugeben und in der Art und Weise der Umsetzung eines Veränderungsprozesses ein Vorbild zu sein. Dabei sehen wir aus der Erfahrung folgende Schwerpunkte in der Kommunikation:

  • Widerstände inhaltlich und menschlich gelten lassen
  • Gesteigerte Wahrnehmung statt vorschnelles Einordnen der Motivation des Gegenübers
  • Das schmerzhaft Offensichtliche gelassen ansprechen
  • Wahrhaftigkeit statt behaupteter Quasi-Nutzen
  • Menschen durch den Veränderungsprozess führen
  • Rollenverständnis: Unterstützen statt durchsetzen

Zusammenfassend:
Das Vermitteln einer Vision, die durch eine gemeinsame Anstrengungen erreicht werden soll und der Inhalte und Rahmenbedingungen des eigentlichen Veränderungsprozesses sind die entscheidendem Schlüssel für das Wohlbefinden eines Jeden in einem Arbeitsprozess. 

angelika brandner kommunikation schlüssel

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Neue Erkenntnisse untermauern Chance zu aufrichtigerer Kommunikation

In seinem sehr lesenswerten Artikel zeigt Prof. Dr. Herbst – Aktuelle Erkenntnisse der Neurowissenschaften für die interne  Kommunikation –  einleitend, wie unsexy interne Unternehmenskommunikation immer noch praktiziert wird:

Prof Dr Dieter Georg Herbst

„Zu den Vorstellungen gehörte bislang, das Gehirn der Mitarbeitenden sei eine Festplatte, auf die sich Informationen der Geschäftsleitung aufspielen und bei Bedarf abrufen lassen; außerdem reiche es aus, Meinungen und Bewertungen der Geschäftsleitung lediglich weiterzureichen und die Mitarbeitenden setzten diese dann ohne großes eigenes Verarbeiten und Entscheiden in eigenes Handeln um. Stattdessen entdeckt die moderne Neurowissenschaften das Gehirn der Mitarbeitenden als dynamisches, selbst organisierendes System, das Informationen aktiv und sehr selektiv auswählt und diese in einem hochkomplexen Prozess verarbeitet und bewertet.

Eine andere Vorstellung war, dass die beiden Gehirnhälften getrennt voneinander funktionieren – eine sei für den Verstand, die andere für unser Fühlen zuständig.

Stattdessen zeigt sich in wissenschaftlichen Studien der Neurowissenschaften, dass beide Hälften eine Einheit bilden und keine Gegensätze.“

Neurowissenschaften verändern Sicht auf die interne Kommunikation in Unternehmen 

  • Gehirn_Use_ITMenschen haben ein soziales Gehirn und allen Unkenrufen zum Trotz:Grundsätzlich ist der Mensch ein soziales Wesen und unser Gehirn ist auf gelingende Beziehungen ausgelegt.
  • Im Arbeitsleben formen Menschen Gruppen, deren Mitglieder sich stark ähneln und gegen andere abgrenzen. Uniformität: schwarzer Anzug und Krawatte und das nutzen eines Management-Vokabulars in Begrifflichkeiten wie Rentabilität, Deckungsbeitrag, Shareholder-Value, wo so mancher Mitarbeiter im Dialog schnell aussteigt.
  • Isolation macht krank. Wenn die Kommunikation mit Kollegen nicht stimmt und wir uns ausgegrenzt fühlen, sind wir nervös, unsicher, depressiv und ängstlich. Soziale Ausgrenzung aktiviert sogar unser Schmerzsystem im Gehirn. Von der Güte der Mitarbeiterkommunikation hängt das persönliche Wohlbefinden ab. Mitarbeiter, die mit der Kommunikation unzufrieden sind, sind auch unzufriedener mit dem Arbeitsplatz und sogar mit dem Unternehmen.
  • Zu den häufigsten Forderungen an Führungskräfte gehört, Einfühlung, auch Empathie genannt. Mangelnde Einfühlung zeigen zum Beispiel Führungskräfte, die ihre eigenen Interessen durch ihre Macht, ihren Status und die ihnen offiziell verliehene Führungsrolle durchsetzen: Sie nutzen Befehle und sanktionieren deren Ausführung mit den ihnen verfügbaren Belohnungen und Bestrafungen, statt sich in ihre Mitarbeiter einzufühlen, sie zu verstehen, ihnen zu erklären und sie von der gewünschten Handlung zu überzeugen.
    Zu den spektakulärsten Entdeckungen der letzten Jahre gehören jene Nervenzellen, die dafür sorgen, dass der Mensch das Erleben anderer Menschen spiegeln kann (Spiegelneuronen). Sie sind die neurobiologischen Grundlagen dafür, dass wir die Gefühle eines anderen Menschen erkennen, aufnehmen und hierauf reagieren können. Die Mitarbeiter können die Glaubwürdigkeit der internen Kommunikation fühlen und erleben. Dadurch orientieren sie sich und können hierdurch Sicherheit erlangen.

Fazit: Wir reagieren in hohem Maße auf das Verhalten anderer Menschen unbewusst; unser Verhalten wird stark durch Impulse von außen bestimmt. Außerdem hat sich gezeigt, dass viele Prozesse in Beziehungen und in der Kommunikation außerhalb dessen ablaufen, was uns bewusst ist.

Wirkprinzipien interner Kommunikation 

Kommunikations_KreisWelche Rolle spielt das Unbewusste in der internen Kommunikation?

Welche Konsequenzen hat dies für die interne Kommunikation?

  • Interne Kommunikation wirkt überwiegend unbewusst

Die Neurowissenschaften weisen darauf hin, dass wir die meisten Informationen unbewusst verarbeiten, nämlich 95 Prozent (z.B. Zaltman, 2003). Nur der geringste Teil dringt ins Bewusstsein. Die interne Kommunikation sollte demnach unbewussten Prozessen künftig deutlich mehr Aufmerksamkeit schenken, weil sie es sind, die maßgeblich an der Auswahl, Interpretation und Bewertung von Informationen beteiligt sind und letztlich auch über das Verhalten der Mitarbeitenden entscheiden.

  • Interne Kommunikation spricht Gefühlswelt an

Das Ideal, das viele Führungskräfte anstreben, ist der so genannte homo oeconomicus, ein Mensch, der sich in seinen Entscheidungen wie eine Rechenmaschine verhält. Doch schon ein kurzer Blick hinter die rationale Fassade offenbart ein völlig anderes Bild: Tatsächlich investieren Manager Jahre in ihre Ausbildung, lernen hart und lassen sich von der Erwartung antreiben, noch mehr Macht und Kontrolle auszuüben. Sie haben ein gutes Gefühl dabei. Neuropsychologe Häusel schreibt: „Logik, Präzision, Funktionalität, Effizienz und Leistung … Der Wunsch, der hinter dieser Art der Rationalität steckt, nämlich unsere Welt, unsere Umgebung, aber auch Produkte beherrschbar und berechenbar zu machen, ist demnach zutiefst emotional! … ›Rationalität‹ kann nicht das Gegenteil von Emotionalität sein.“ (Häusel, 2004: 58).

  • Funktionsweise unserer emotionalen Welt: Stimulans des Belohnungssystems durch Neurotransmitter

Das Gehirn bewertet die Informationen danach, was die Informationen für den Einzelnen persönlich bedeutet. Diese Bewertung übernimmt das limbische System, der Sitz der emotionalen Intelligenz. Darin ist ein Belohnungssystem installiert, dass durch den Botenstoff Dopamin (Neurotransmitter) Signale zwischen den Nervenzellen übermittelt. Die Ausschüttung des Glücksboten Dopamin nehmen wir als positives Gefühl wahr, das uns zum Handeln bringen kann.

Im limbischen System sitzen auch die Wünsche, Motive und Emotionen des Menschen. Die allgemeine Funktion des limbischen Systems besteht darin, das zu bewerten, was das Gehirn tut (Roth, 1996: 209). Das Wirken des limbischen Systems erleben Mitarbeiter als begleitende Gefühle, die sie entweder vor bestimm­ten Handlungen warnen oder deren Handlungsplanung in eine be­stimmte Richtung lenken.

Ergebnis: An Informationen, die keine Gefühle ansprechen, erinnern sich die Mitarbeitenden kaum. Beispiele sind Begriffe wie „Rentabilität“ und „Deckungsbeitrag“, die, wenn überhaupt, nur eine begrenzte Zahl von Führungskräften anspricht.

  • Gefühle sind ein Lernturbo

Je stärker die Mitarbeitenden eine Information anspricht, weil sie emotional bedeutend für sie ist, desto besser lernen sie diese Informationen. Gefühle werfen einen »Lernturbo« an, sagt Hirnforscher Manfred Spitzer (2002). Natürlich lernen die Mitarbeitenden auch durch schlechte Erfahrungen, wie jeder weiß, der eine sehr unangenehme Begegnung mit seinem Vorgesetzten hatte. Dies sollte die interne Kommunikation unbedingt berücksichtigen. Das limbisches System sorgt also für die Gedächtnisbildung.

Fazit: „Auch wenn man Botschaften hundertmal wiederholt, werden sie nicht beachtet, sofern sie nicht in der Lage sind, einen emotionalen Eindruck zu hinterlassen. Dies gilt für alle Vorschriften, Hinweise, Lustquellen, Nachrichten – sie werden so lange ohne Wirkung bleiben, solange sie nicht gleichzeitig mit einem ›affektiven Stempel‹ oder ›Imprint‹ versehen werden.“ (Knieper, 2001: 119).

  • Die interne Kommunikation richtet sich bisher noch zu wenig an der Gefühlswelt ihrer Bezugsgruppen aus. Fakten stehen im Vordergrund, zum Beispiel im Intranet.
  • Das Wesen der internen Kommunikation ist das Herstellen und Festigen von Beziehungen und diese sind auch immer emotional, weil sich Menschen gut fühlen möchten, zum Beispiel sicher und geborgen, angeregt oder gestärkt.

Die Strategie: Geschichten mit attraktiven Bildern erzählen

  • Geschichten aus dem EiDas Format: Storytelling

Eine hervorragende Möglichkeit, mit Informationen das Unbewusste anzusprechen sind Geschichten (Storytelling). Geschichten in der internen Kommunikation wirken auf die Mitarbeitenden besonders stark, weil diese an die Grundprinzipien des Gehirns anknüpft, an dessen Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung. Storytelling ist gehirngerechte Kommunikation (vgl. Herbst 2008). Neuroexperte Werner Fuchs (2006): „Es gehört zu den Geniestreichen der Evolution, Informationen in Form von Geschichten zu verarbeiten, zu speichern und zu weiterzugeben. Denn nur so schafft es unser Gehirn mit seinen über 100 Milliarden Nervenzellen Muster zu knüpfen, mit denen sich Voraussagen treffen lassen und die damit der Fortpflanzung, Anpassung und dem Überleben dienen.“

Gehirngerecht sind Geschichten deshalb, weil sie bildhaft, bewegungsnah und anschaulich sind. Sie haben nicht das Ziel, möglichst viele Informationen über das Unternehmen zu vermitteln, sondern Schlüsselinformationen, anhand derer die Mitarbeitenden entscheiden können, ob sie das Unternehmen durch ihr Handeln unterstützen oder nicht. „Geschichten sind offenbar eine höchst ökonomische Art, mit der Komplexität der Welt umzugehen. Sie setzen unterschiedliche Akteure in einer spannenden, die Emotionen … fesselnden und daher gut merkbaren Form zueinander in Beziehungen … Sie integrieren in einzigartiger Weise kognitive und emotionale Schemata und werden so zu einem der wichtigsten Interpretationsrahmen, die wir als Menschen zur Deutung unserer Erfahrungen verwenden. (Simon, 2004: 179).

Über die reinen Fakten hinaus erzählen sie den internen Bezugsgruppen, was im Unternehmen wichtig ist, was das Denken und Handeln in ihm leitet und wie es eine einzigartige Belohnung bietet.

Wie wichtig Geschichten für das Gehirn sind, zeigt sich darin, dass der Mensch eigene neuronale Netzwerke hat, die sich um das Speichern von Geschichten kümmern – Gedächtnisforscher sprechen vom episodischen Gedächtnis. In diesem Gedächtnissystem legen Menschen ihre eigenen Lebenserfahrungen ab, wie Erinnerungen an die Kindheit und den ersten Arbeitstag; daher nennen einige Wissenschaftler dieses Gedächtnissystem biografisches Gedächtnis. Dieses Gedächtnissystem verfügt über enorme Kapazitäten, weil es für den Menschen sehr wichtig ist, auf dieses Wissen zuzugreifen.

Veränderungen im Unternehmen sind dann am besten zu verstehen, wenn die Mitarbeitenden wissen, woher das Unternehmen kommt, wo es steht und wohin es sich entwickeln will. Zu den Kernelementen des Storytelling gehören Konflikt, Alternative und Lösung.

Die Geschichte, die die interne Kommunikation erzählt, hat Akteure, es gibt eine Bühne, auf der etwas geschieht (Heimatland, Welt, Börse etc.). Was Geschichten besonders für die interne Kommunikation interessant macht: Sie handeln vom Wandel und es gibt immer einen Konflikt: Der Starke kämpft für den Schwachen, der Reiche kämpft für den Armen. Konflikte im Umfeld von Wandel im Unternehmen sind zum Beispiel: Der Kunde möchte gerne, aber das Unternehmen kann dies noch nicht bieten. Er will wenig zahlen, aber das Unternehmen ist noch zu teuer. Das Unternehmen muss sich verändern, aber es ist noch zu starr. Denken wir an den amerikanischen Traum, wonach viele Menschen einer Geschichte folgen, die sie antreibt: Genauso ist es mit der Geschichte des Unternehmens: Das Unternehmen kann eine gute Geschichte erzählen, von der die Mitarbeitende Teil sein wollen.

  • Blüte_vernetztDie Umsetzung: Interne Kommunikation sollte stark bildhaft sein

Das zentrale Problem der Schriftsprache im Vergleich zum Bild ist heutzutage, dass die Menschen von Informationen überlastet und die Medien zunehmend visualisiert sind. Über 80 Prozent aller Informationen nehmen wir über unsere Augen auf. 60 Prozent der Gehirntätigkeit sind dem Wahrnehmen, Verarbeiten und Speichern von Bildern gewidmet. (Gegenfurtner/Walter/Braun, 2002: 69).

Bilder wirken direkt, ohne Umwege; dagegen sind Texte optisch verschlüsselte Sprache, und Sprache ist ursprünglich ein Hör- und kein Seh-Erlebnis. Dies ist einer der Gründe für die Wirkung von Bildern: Sie sprechen direkt die visuellen Zentren unseres Hirns an und müssen nicht zuvor entschlüsselt werden. In Zeiten der Informationsüberlastung kommt dies noch stärker zum Tragen: Bilder verarbeiten wir schneller als Texte, wir beachten sie beim schnellen Lesen deutlich stärker als eine Textinformation.

Starke und klare innere Bilder sind sehr verhaltenswirksam, dies haben zahlreiche wissenschaftliche Studien erhoben (vgl. z.B. den Überblick bei Kroeber-Riel 1996):

  • Wir orientieren uns durch Bilder: Wir wissen, wie wir morgens zur Arbeit kommen, weil wir das innere Bild vom Weg zur Arbeit gespeichert haben. Und wir wissen, wie wir zur Kantine kommen.
  • Wir erinnern uns in inneren Bildern: Wenn wir an sehr bewegende Momente in unserem Arbeitsleben zurück denken, dann entstehen in uns innere Bilder – vom Lachen eines Kollegen, den wir sehr mögen, und Bilder von einer erfolgreichen Rede, die wir gehalten haben und auf die wir stolz sind. Genau so können sich die Mitarbeitenden an einen Event oder eine Informationsveranstaltung erinnern.

Quelle Prof. Dr. Herbst vom 10.02.2013, 
Aktuelle Erkenntnisse der Neurowissenschaften für die interne Kommunikation

Word Cloud

Zeit, Kommunikation und Business

now„Seine Zeit auskaufen“ – Das sind Worte, die in unseren Geschäftsbeziehungen sehr bestimmend sind. Wir alle stehen vor der Herausforderung, mit dem Faktor Zeit richtig umzugehen.

Unser Verständnis von Zeit bestimmt die Qualität unserer Kommunikation und somit unsere Beziehungen, sei es im geschäftlichen oder im privaten Bereich.

Je strategischer unsere Unternehmenskommunikation aufgebaut ist, desto effektiver werden unser Gespräch mit Kunden, Mitarbeitern und Lieferanten laufen.

Welchen Anforderungen müssen Sie heute als Unternehmensleitung gerecht werden?